Folgender Text wird mit der freundlichen Erlaubnis von Herrn Prof. Dr. med. K. R. Aigner auf dieser Seite der FAKODH-Homepage veröffentlicht:

Regionale Chemotherapie zur Behandlung solider Tumore und Metastasen

Unter regionaler Chemotherapie versteht man definitionsgemäß die örtliche, also auf eine Körperregion beschränkte Chemotherapie. Das Medikament wird dabei stets über die den Tumor oder die Tumorregion versorgende Arterie zugeführt. Die erste Passage der tumortoxischen Substanz durch das Zielgebiet erfolgt somit in einer sehr hohen Wirkkonzentration. Dies führt wiederum zu einem konzentrationsbedingt höheren übertritt jener Zellgifte (Zytostatika) in die Tumorzellen und folglich zu einer besseren Wirkung vor Ort.

Diese Beobachtung machten erstmals Anfang der fünfziger Jahre Klopp und Biermann. Sie führten als erste eine arterielle Infusion eines Zytostatikums in ein die Tumorregion versorgendes Gefäß durch. Angesichts der starken lokalen Reaktion sprachen sie von einer "chemotherapeutischen Bestrahlung". Die arterielle Anwendung von Zytostatika bietet demzufolge die Möglichkeit, durch Veränderung technischer Parameter wie Dosis, Einwirkzeit, Blutflußraten, die Intensität der Wirkung am Tumor zu steuern.

Prinzip der Regionalen Chemotherapie (RCT)

Die regionale Chemotherapie ist wirksam bei soliden Tumoren. Nicht jede Tumorart zeigt das gleiche Ansprechen, d. h. Sensibilität auf hochkonzentrierte Chemotherapie. Manche Tumore benötigen eine extrem hohe Konzentration des Zytostatikums (tumorwirksames Medikament), manche zeigen schon Wirkung mit niedrigeren Konzentrationen. Faustregel ist, daß etwa die 6fache Konzentration dessen, was unter herkömmlicher systemischer Chemotherapie erreicht wird, nötig ist, um einen soliden Tumor nachhaltig zu schädigen. Mit diversen RCT-Techniken werden am Tumor drei- bis zehnfach, im Extremfall bis zu siebzigfach höhere Zytostatikakonzentrationen erzielt. Ausschlaggebend für den Therapieerfolg ist auch die Blutversorgung des Tumors. An einen schlecht vaskularisierten Tumor kann selbst  über den direkten arteriellen Weg nur wenig Zytostatikum gebracht werden.

Ziel der RCT ist es, den Tumor mehr zu schädigen als den Patienten, d. h.

den Tumor vor der Operation zu verkleinern und so den Umfang des späteren operativen Eingriffes möglichst klein zu halten. Die Fähigkeit des Tumors bei der operativen Entfernung infolge Manipulation zu metastasieren, weitgehend einzuschränken. Im besten Fall eine Totalnekrose des Tumors noch vor dem operativen Eingriff zu bewirken.

Vorteile der RCT

Da die RCT immer nur auf eine Körperregion oder ein Organ beschränkt ist, sind am Gesamtorganismus trotz der hohen lokalen Wirkung am Tumor insgesamt äußerst wenig Nebenwirkungen zu verzeichnen. In 95 % aller Fälle wird die RCT subjektiv ausgesprochen gut toleriert, d. h. die Lebensqualität wird nicht beeinträchtigt, ggf. sogar verbessert.

Indikation zur RCT

Die Indikation zur RCT orientiert sich in Anlehnung an die Erfolgsaussichten an der Sensitivität, Empfindlichkeit und Vaskularisation (Blutversorgung) des Tumors bzw. der Metastasen. Lokalisation bzw. Ausbreitung über ein Organ oder eine oder mehrere Körperregionen Je größer das vom Tumor befallene Körpervolumen ist, um so geringer werden die Erfolgsaussichten, denn die verabreichte Gesamtzytostatikadosis muß in etwa konstant bleiben. Wird sie auf größere Areale verteilt, so sinkt demzufolge die am Ort des Befalls wirksame Konzentration. Dies geht einher mit geringerer Wirkung. Bei sehr ausgebreiteten oder metastasierten Tumoren wird die regionale hochdosierte Chemotherapie mit Zytostatikafiltration (Entgiftung) angewandt, um die nachfolgenden Nebenwirkungen in Grenzen zu halten und die Lebensqualität zu erhalten. RCT kann grundsätzlich an allen Organen bzw. Körperregionen isoliert oder als arterielle Infusion durchgeführt werden.

Die Indikation zur RCT, gemessen an den Erfolgsaussichten teilen wir in drei Gruppen ein: Tumore mit guter Ansprechrate:

Tumore mit mittelgradiger bis guter Ansprechrate: Tumore mit schlechter bis mittelgradiger Ansprechrate: Untersuchungen von J. Collins (Bethesda) zeigen, daß eine Erhöhung der lokalen Wirkkonzentration von Zytostatika einhergeht mit einer Erhöhung der Ansprechrate auf die Therapie. Würde die Konzentration ab einem bestimmten Punkt guten therapeutischen Effekts weiter erhöht, so resultierte nur noch eine Zunahme der Nebenwirkungen. Die Fähigkeit von Tumorzellen, Kolonien zu bilden, also zu wachsen, läßt nach, wenn die lokale Wirkkonzentration von Zytostatika erhöht wird. Der Begriff des "Dosis-Wirkungsprinzips" bedeutet in Wirklichkeit "Konzentrations-Wirkungsprinzip".

Wir verweisen für weitere Informationen auf der Homepage von Prof. Dr. med. K. R. Aigner