Folgender Text wird mit der freundlichen Erlaubnis von Herrn Prof.Dr.med. Thomas J. Vogl auf dieser Seite der FAKODH-Homepage veröffentlicht:
7.7 Regionale Tumortherapie - Thomas J. Vogl
Regionale Therapieverfahren m¸ssen im Kontext der gesamten onkologischen
Therapie vorgestellt und bewertet werden. Mit zunehmender Ausweitung
onkologischer Fragestellungen und auch wachsenden Behandlungserfolgen haben
regionale Therapieverfahren insbesondere im Hinblick auf die Erhaltung der
Lebensqualität und die geringere Nebenwirkungsrate im Gegensatz zur
systemischen Therapie ein breites Interesse gefunden.
7.7.1 Grundlagen
Voraussetzung zur Durchführung einer regionalen Tumortherapie sind die
lokalisierte Tumorerkrankung bzw. die sich klinisch zur Bedrohung für den
Patienten entwickelnde regionale Tumorsituation. Prinzipiell müssen die
Therapieoptionen in kurative Therapieansätze, palliative Ansätze und rein
symptomatische Therapiemaþnahmen differenziert werden. Regionale
Therapieverfahren lassen sich für sämtliche Körperregione definieren. Die
meisten Erfahrungen beruhen dabei auf der Region des Abdomens mit
Schwerpunkt Leber und kleinem Becken, weiterhin bei thorakalen
Fragestellungen sowie bei tumorösen Prozessen der Kopf/Halsregion. Innerhalb
der lokoregionalen Therapieverfahren werden die regionalen
Chemotherapieverfahren/Chemoembolisation von Gewebe zerstörenden bzw.
ablativen Therapieverfahren unterschieden.
Chemotherapieverfahren
Regionale Chemotherapie
Das Prinzip der regionalen Chemotherapie beruht auf der selektiven bzw.
superselektiven Einbringung der Chemotherapie über temporäre oder permanent
implantierte Kathetersysteme in die arteriellen Versorgungsstraßen zur
jeweiligen Körperregion bzw. zum Tumor. Bei der regionalen Chemotherapie
werden z. B. an der Leber permanente Kathetersysteme chirurgisch oder
perkutan appliziert und über einen unterschiedlich definierten Zeitraum
Chemotherapien über das Applikationssystem verabreicht. Eine Alternative
stellen kurzzeitig implantierte Kathetersysteme wie z. B. die
Truncus-Katheterapplikation dar, bei der ein Selektivkatheter arteriell in
den Truncus coeliacus appliziert wird und eine Chemotherapie erfolgt.
Anschließend wird das System komplett entfernt.
Transarterielle Chemoembolisation > 7.7.6
Ein weiteres effektives Therapieverfahren stellt die transarterielle
Chemoembolisation dar. Durch den Vorgang der Embolisation wird ein zu frühes
Ausschwemmen des Chemotherapeutikums aus der Tumorregion verhindert. Es
kommt zu Konzentrationserhöhungen und Verstärkung des therapeutischen
Effektes. In klinischer Erprobung befinden sich derzeit Verfahren wie die
lokalisierte Chemotherapie, die intratumoral mittels interstitiell
eingebrachter Nadelsysteme appliziert wird.
Ablative Therapieverfahren
Die gewebezerstörenden Verfahren, die sogenannten Ablationsverfahren,
beruhen auf der Anwendung verschiedener physikalischer Techniken zur
Gewebedestruktion. Dazu zählen:
Sämtliche Verfahren haben dabei zum Ziel, lokal eine komplette
Tumordestruktion zu erreichen. Charakterisiert sind die verschiedenen
Verfahren durch Unterschiede in der Einbringung der Applikationssysteme, in
der Therapiesteuerung (Monitoring), in der Therapienachkontrolle, der
Effizienz und den Langzeitergebnissen.
Chancen und Risiken
Unabhängig vom Primärtumor und der Biologie eines Tumors stellt vor allem
die Leber, als erster Filter des Blutes aus den Darmgefäßen ein Reservoir
für Metastasen dar. Die relevanten Studien und klinischen Projekte zum Thema
Lebermetastasen fokussieren sich neben Mammakarzinomen, Sarkomen,
Nierenzellkarzinomen und neuroendokrine Tumoren vor allem auf kolorektale
Primärtumoren (CRC). Das Vorhandensein von Lebermetastasen bedeutet eine
Verschlechterung der Prognose, eine Heilung ist jedoch auch bei Vorliegen
von Lebermetastasen prinzipiell noch möglich. Trotz der steten Entwicklung
neuer Chemotherapeutika zeigt die systemische Behandlung sekundärer
Lebermalignome wenig Erfolg, jedoch in jüngster Zeit vielversprechende
Fortschritte. Die Ansprechrate beträgt zwischen 20 und 40%, die
systemischen, unerwünschten toxischen Wirkungen sind dosislimitierend und wi
rken beschränkend auf die Lebensqualität.
Prognosefaktoren
In der Literatur findet sich eine Studie von Nordlinger et al. 1996, die die
Definition unterschiedlicher Prognosefaktoren bezüglich der chirurgischen
bzw. ablativen Therapie von Lebermetastasen eines CRC erlaubt. Den Daten von
Nordlinger zufolge ergibt sich kein Einfluss der Lokalisation des
Primärtumors, der intrahepatischen Verteilung der Metastasen oder der
Operationstechnik auf die überlebensraten. Diese präoperativ zu bestimmenden
Prognosefaktoren erlauben eine Abschätzung der zu erwartenden überlebensrate
bzw. des möglichen Operationsgewinnes. Des Weiteren ermöglichen derartige
Prognosefaktoren eine sinnvolle Definition von Ein- und Ausschlusskriterien
für eine rationale Stratifizierung innerhalb von Studien. Somit können
insbesondere für adjuvante und neoadjuvante Therapiekonzepte exakte
Studienplanungen erfolgen.
Nordlinger Prognosefaktoren
Bezüglich der vergleichenden Wertigkeit von Leberresektion und
interventioneller Verfahren bei Lebermetastasen gelten folgende kontroverse
Aussagen (Lorenz und Waldyer 1997):
Zu ihnen zählen:
Thermische Techniken:
Chemische Techniken:
7.7.5 Laserinduzierte Thermotherapie (LITT)
Derzeit stellt die LITT die am breitesten evaluierte Therapieform für die
palliative, aber prinzipiell auch kurative Therapie von Lebermetastasen dar.
Technik: Technisch wird bei der LITT Interventionen ein Kathetersystem in
den Lebertumoren positioniert und eine thermische Nekrose induziert.
Wirkung: Die LITT als minimal-invasive onkologische Therapiestrategie
unterscheidet sich prinzipiell von der klassischen Hyperthermie dadurch,
dass im Rahmen des Lasertherapieverfahrens wesentlich höhere Temperaturen
induziert werden, die über Prozesse der Proteindenaturierung und Koagulation
zu einer Tumorzerstörung führen.
Indikation: Indikationsstellungen für den Einsatz der LITT bei
Lebermetastasen:
Vorteile: Die Vorzüge liegen in der enorm exakten Steuerbarkeit sowie der
Möglichkeit, ein Echtzeit-Monitoring mittels MRT durchzuführen. Die MRT
erweist sich als optimales , Abbildungsverfahren durch die Möglichkeit,
multiplanar, d.h. in mehreren Ebenen, die räumliche Temperaturverteilung zu
veranschaulichen und den Blutfluss angrenzender Gefäße, wie Arterien, Venen
oder auch Gallenwege, darzustellen. Aufgrund dessen ist es möglich, die
Therapie ambulant unter niedriger Komplikations- und Nebenwirkungsrate
durchzuführen.
Erfolge: Im Langzeitverlauf zeigt sich bei hoher Ortskontrollrate eine
niedrige Lokalrezidivrate (1-2%). Selbst bei primär palliativer Zielsetzung
können zum Teil Fünfjahresüberlebensraten von 40% (Ergebnisse für den
Einsatz der LITT bei Lebermetastasen kolerektaler Tumore) erzielt werden.
Ein klinischer Benefit wird auch bei hepatisch metastasierten
Mammakarzinomen bzw. hepatischem Befall anderer Primärtumore beschrieben.
Ergebnisse einer großen Studie der Autoren zu überlebensraten nach LITT bei
Lebermetastasen > Tab. 7.7.3 und Tab. 7.7.4 (Auswertung der Daten von 2100
Therapiesitzungen mit Behandlung von insgesamt 2300 Lebermetastasen).
Komplikationen: Insgesamt liegt die Komplikationsrate bei ca. 1,5%, mit in
der Regel nicht schwerwiegenden Komplikationen. Beschrieben werden:
Pleuraerguss, Pneumothorax, intraabdominelle Blutungen, Leberabszesse,
Verletzung der Gallenwege. Die 30-TageMortalität liegt bei ca. 0.1 %.
7.7.6 Chemoembolisation
Neue Therapiekonzepte für lokal-ablative interventioneile Verfahren bei
Leber-, Lungen- oder Weichteilmetastasen beruhen auf perfusionsmodulierten
Tumorablationen. Dabei ergeben sich im Rahmen der arteriellen
perfusionsmodulierten Ablationen bei hepatischen Metastasen mehrere
Möglichkeiten:
Technik: Zu den Chemookklusionsverfahren eignen sich prinzipiell ölige
Kontrastmittel oder die parallele Applikation mit Zytostatika. Das Protokoll
besteht dabei in der Regel aus zwei oder mehr repetitiven
Chemoembolisationssitzungen. Als therapeutische Agenzien werden
Adriablastin, Carboplatin, Mitomycin und Gemzitabine eingesetzt. Mittels
transarterieller Katheter wird die regionale Chemotherapie eingebracht.
Mikrokatheter erlauben heute die risikoarme Sondierung nahezu aller
Gefäßprovinzen des menschlichen Körpers.
Wirkung: Der Effekt der Chemoembolisation beruht im Wesentlichen auf eine
Reduktion der Perfusion und in der Folge einer Größenreduktion des Tumors.
Indikation: Bei der Chemoembolisation handelt es sich um ein palliatives
Therapiekonzept für nicht mehr resektable Metastasen oder Metastasen, die
auf lokale oder anderweitige systemische Therapien nicht ansprechen.
Wesentlich ist dabei die superselektive Angiographie und die Wahl der
Gefäße. Die Chemoembolisation kann bei primären und sekundären
Lebermalignomen, metastatischen Knochenerkrankungen sowie
Tumorneoformationen bei inoperablen Metastasen eingesetzt werden.
Vorteile: Aufgrund des lokalen Therapieverfahrens ist die Therapie mit einer
geringen Nebenwirkungsrate verbunden.
Nachteile: Geringe Immobilisierung nach Leistenpunktion. `
Literatur